# Herbst

Spiegelgesetz
alba 1970 by pixabay

As above so Below: as below so Above (The Kybolion)

Seit meinem letzten Beitrag liegen fünf aufregende Monate hinter mir.
Fünf Monate heftiger Wandlungen, und ich mittendrin.

Raus aus der Großstadt … Umzugs ans Meer!

Im April begann das Chaos zunächst in meiner gewohnten Umgebung:
Möbel wurden abgebaut, Bilder von der Wand genommen, zum Teil Tapeten abgerissen, Fliesenfugen mit der Zahnbürste geschrubbt, weiße Farbe an die Wände verteilt und nebenbei Kisten gepackt, aussortiert, zum Wertstoffhof gefahren und anderes einem „Noch-Einmal-Kaufhaus“ gespendet.
Weitere Kisten wurden gepackt, der Keller entrümpelt und so weiter und so fort.

Es schien kein Ende zu nehmen. Die Gemütlichkeit war definitiv dahin, ganz zu schweigen von der Geborgenheit, die ich einst in meinem kleinen Reich empfunden hatte.
Nun, fast jeder hat wohl schon wenigstens einen Umzug hinter sich.

Kleiner Rückblick

Als ich im Oktober 2009 mein erstes eigenes Domizil bezog, fühlte ich mich mitten im Paradies.
Meine erste eigene Wohnung mit 49 Jahren! Für mich ein besonderer Moment.
Da saß ich nun in einer völlig leeren Wohnung und hielt die Wohnungsschlüssel in der Hand.
Ich hatte mich bewusst in den kleinen Flur gesetzt, um gefühlt in allen Räumen gleichzeitig zu sein. Hier war ich nun.
Ein großer Schritt lag hinter mir: die Trennung von meinem Ehemann, aber auch von meiner Tochter, die allerdings inzwischen erwachsen geworden war.
Dieser Abschied schmerzt noch immer, gebe ich ehrlich zu.
Ein Kind bleibt Kind, egal wie alt
– das hatte ich bei meiner Mutter nie verstehen können.

Auch ein Abschied von meinem Freundeskreis lag hinter mir.
„Freunde/Bekannte“: Kennst Du das auch?
Aus vermeintlichen Freunden werden plötzlich flüchtige Bekanntschaften:
Aus den Augen, aus dem Sinn.
Schon ent-täuschend und traurig zugleich …

Vor mir lag nun das große Unbekannte … und es war für mich in den zurückliegenden Jahren nicht immer rosig. Weiß Gott nicht.

Hier war er nun: Ein weiterer großer Ausbruch aus meiner Komfortzone.

Viele kleine und große Schritte führen zu neuen Erkenntnissen, die den Lohn mit all seinen Höhen und Tiefen ausmachen. Das nennt sich dann wohl:
„seelisches Wachstum“.

Zurück in die Gegenwart

Kurz vor unserem Umzugstag erreichte uns eine Hiobsbotschaft: „Unsere Mietwohnung ist noch immer nicht bezugsfertig. Das ganze Bauprojekt ist noch eine Baustelle.“
Dazu musst du wissen, dass der Einzugstermin bereits zweimal verschoben wurde (Ende Mai/Anfang Juni, dann Mitte Juni). Wir hatten sogar den Umzugstransporter vorverlegen müssen (Ende Juni).
Aber irgendwann kannst du nichts mehr verschieben!
Beng!
Was nun? Aus meiner alten Wohnung mussten wir nun endgültig raus, in die neue konnten wir nicht rein.
„Mit etwas Glück könnten wir die Möbel und Kisten dort schon unterstellen“, hieß es.
Ein schwacher Trost. Und wir?
Plötzlich “obdachlos“.

Herausforderung:
Unser Zielort ist ein beliebter Ferienort. Unterkünfte in der Hochsaison sind so gut wie ausgebucht. Buchstäblich in letzter Sekunde, einen Tag vor dem Umzugstermin, bekamen wir den Bescheid, dass wir eine Unterkunft bekommen. Eine kleine FEWO bot uns Unterschlupf: sehr klein, aber fein – ein Dach über dem Kopf. Die Möbel und Kisten konnten schon mal in der neuen Wohnung abgeladen werden.
„Uff!“
Aufatmen, aber nur für wenige Stunden.

Chaos am Umzugstag
 Mir ging es anfangs körperlich nicht gut. Kleinere Panikattacken hielten mich am Morgen in ihrem Griff. Nur blöd, dass ich nirgends einen Platz der Ruhe finden konnte. Das Ausräumen der Wohnung verlief schneller als geplant, die Wohnungsabnahme schleppte sich dahin. Lange Geschichte …

Gefühlt war der Transporter schon fast am Zielort, als wir endlich losfahren konnten, um kurz darauf in einen Mega-Stau zu geraten. Aus dem Gefühl wurde Realität:
Unser Hab und Gut war tatsächlich vor uns angekommen, und wir waren sehr dankbar, dass der Hausverwalter uns vor Ort zur Seite stand.
Ist ja auch nicht unbedingt normal.

Dieses ganze Tohuwabohu hat den eigentlichen Prozess des Abschieds von meinem kleinen “Idyll“, meinem Kiez und meiner Geburtsstadt wie im Nebel verhüllt.
Klar hatte ich mich Wochen und Tage davor darauf vorbereitet.
Plötzlich ist es soweit und das macht den Unterschied!

Du gehst tatsächlich  – JETZT – im Wissen, nie mehr dorthin zurückzukehren. Oder zumindest sehr wahrscheinlich nicht mehr zurückzukehren, denn sage niemals nie.

Irgendwann waren auch wir am Ziel. Der nächste Schock:
Zu wissen, was einen erwarten könnte, und die Realität können schon ordentlich auseinanderdriften.
Um es kurz zu machen:
Ungefähr drei Wochen später, nach kleineren und größeren Verzweiflungsanfällen, die mehr oder weniger gut bewältigt wurden, durften wir unsere Wohnung endlich beziehen.

Doch gibt es keinen Grund zum Jubeln. Es ist noch nicht alles, wie es sein soll. Es fehlen diverse Nacharbeiten an der Hausanlage und in unserer Wohnung.
Fakt ist:
Wir leben nach wie vor in einem chaotischen Umfeld und mehr oder weniger auf einer Baustelle – drei Monate nach dem offiziellen Umzug.

Okay, das interessiert Dich vielleicht nicht allzu sehr, mag sein.

Mit meiner kleinen Umzugs-Odyssee wollte ich kurz skizzieren, wie ein Ausbrechen aus einer Komfortzone aussehen kann. Und Du hast sicherlich bemerkt, dass ich dabei hauptsächlich Fakten erwähnt habe, ohne tiefer in meine Gefühlswelt einzutauchen.

Die Gefühle fahren nämlich Achterbahn, während du völlig in der Luft hängst. Jeglicher Einfluss auf das Geschehen von deiner Seite aus ist unmöglich, du fühlst dich ausgeliefert. Und ich finde, mein Umzug ist geradezu exemplarisch dafür geeignet.

Okay, ich hätte alles abbrechen können, aber dann?
Es gab kein Zurück: Mein einstiges Paradies war gekündigt.
Es gab kein richtiges Vor: Das vermeintliche neue Paradies war noch nicht bezugsfertig, und eine Alternative ad hoc nicht auffindbar.

Das belastet das sogenannte Nervenkostüm, deine Beziehung, die allgemeine Stimmung, sogar das freudige Gefühl, das angeblich bei einem Neubeginn in jedweder Form vorherrscht:

„Jedem Anfang liegt ein Zauber inne“, sagte einst Hermann Hesse.

Alles wirbelt durcheinander, und du hast keinen Halt; einst so Vertrautes ist nicht mehr da, und das Neue ist noch nicht greifbar. Hinzu kommen Enttäuschungen, weil hier und da Dinge nicht so umgesetzt wurden und Manches auch nicht umgesetzt werden kann, wie erhofft.

Wenn ein Traum die Wirklichkeit trifft.
Kurzum, ich bin noch immer in einer Umbruchphase. Äußerlich wurde alles in meinem Leben auf den Kopf gestellt, und ich habe mich von vielen Dingen getrennt; dennoch kämpfe ich mit dem Loslassen.

Mit dem Loslassen u.a. meiner zweiten Epoche in meiner Geburtsstadt. Und wichtig zu erwähnen: Mir war/ist klar, dass es Zeit wurde, zu gehen!
Da ist es wieder:
Dieses berühmt-berüchtigte „Loslassen“, das den meisten von uns so schwerfällt.
Ist es nicht so?
Lieber halten wir an Vergangenem fest, an unseren inneren Bildern, Vorstellungen und Gewohnheiten, ob gut oder schlecht, als in der Gegenwart zu leben.
Das Jetzt annehmen, wie es eben ist: neu, unbekannt, ungewohnt, vielleicht auch etwas umständlicher als zuvor, sperriger – dafür sich über den Mehrwert, den man gewonnen hat,  freuen.

So einfach geht Loslassen!
Annehmen, was nicht zu ändern ist. Ändern, was zu ändern geht. Dazu noch eine Portion klarer Durchblick, um zu erkennen, was aktuell sinnvoll ist.

Ja, ich kann mich hundertmal und mehr fragen: War es die richtige Entscheidung?
Ich kann mich hundertmal und mehr über eine Tatsache aufregen, die im Vorfeld anders dargestellt bzw. besprochen wurde, als letztlich dann „abgeliefert“ wurde.
Ich kann zweifeln und dabei verzweifeln.
Ja, das kann ich machen. Aber was bringt es mir?

Das ist in der Tat aktuell meine persönliche Challenge in der heißen Phase des Umbruchs, der Phase des Verlassens der alten Komfortzone, mitten im Prozess der Erschaffung einer neuen Komfortzone.
Mein innerer Zustand entspricht scheinbar meinem äußeren Umfeld, oder reagiert mein innerer Zustand auf mein äußeres Umfeld?
Hätte ich es leichter gehabt, wenn alles glatt gelaufen wäre, so wie ich es mir vorgestellt hatte?

Fragen, die mich durchaus zur Zeit sehr bewegen.
Und es fühlt sich in der Tat so an:
So wie innen, so außen.
So wie oben, so unten.
Mikro-Kosmos = Makro-Kosmos.
Sicher hast du davon schon gehört: von dem sogenannten Spiegelgesetz.

Es ist stets wichtig, mitten im Chaos nicht seine Mitte zu verlieren, und ich gebe zu: Ich bin herausgefallen.
Der Sog des Umbruchs hat mich in einer oder vielleicht auch mehreren schwachen Stunden erwischt. Nun darf ich mich wiederfinden. Und was ist dafür am besten geeignet?
Richtig, die Meditation!
Das kann bei einem Spaziergang sein, beim Joggen, Walken, beim Aufschreiben seiner Gedanken, so wie ich es gerade tue, oder, oder… sogar bei der lästigen Hausarbeit …
Wichtig ist, die äußeren Umstände mal genauer zu betrachten und dann in sein Inneres zu blicken.
Möglich, dass du auf einen unentdeckten Schatz triffst. Mach was draus!
Bis bald!

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